Kanton Aargau will grosse Bauvorhaben mit einem Trick über längere Zeit abschreiben

Beim kantonalen Immobilienportfolio besteht akuter Handlungsbedarf. Der Investitions- und Sanierungsbedarf steigt in den nächsten Jahren massiv an. Aufgrund der demografischen Entwicklung steigt auch der zukünftige Flächenbedarf, insbesondere für Schulen und Sicherheitsinfrastruktur. Um die wichtigsten Immobilienvorhaben realisieren zu können, schlägt der Regierungsrat mit der Botschaft an den Grossen Rat ein realistisches Finanzierungsmodell vor. Die Schuldenbremse wird beibehalten.

Der Kanton Aargau hat im Bereich seiner Immobilien mit grossen zentralen Herausforderungen zu kämpfen. Dies bestätigt auch die Anhörung unisono:

Der Flächenbedarf der öffentlichen Hand steigt aufgrund der demografischen Entwicklung, insbesondere im Bereich der Bildung und der Sicherheitsinfrastruktur.

Der Kanton verfügt über ein sanierungsbedürftiges Immobilienportfolio. Über 75 Prozent des kantonalen Immobilienbestands wurde vor 1990 erstellt.

Technologische Entwicklungen stellen neue nachhaltigere Ansprüche an das Immobilienportfolio.

Die Zentralverwaltung im Raum Aarau besteht aus vielen verzettelten und teilweise kleinen Standorteinheiten.

Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt und stellt neue Anforderungen an die Arbeitsplätze.

Grössere neue Immobilienvorhaben wie Kantonsschulen und Sicherheitsinfrastruktur müssen realisiert und finanziert werden.

Handlungsbedarf akzentuiert sich

Die aktuelle kantonale Immobilien-Planung geht von elf Grossvorhaben aus, deren Volumen je 20 Millionen Franken übersteigt. Besonders bedeutsam sind das geplante neue Polizeigebäude sowie nötige Investitionen im Bereich der Mittelschulen. Auf rund 190 Millionen Franken wird alleine der finanzielle Bedarf für zwei neue Mittelschulen geschätzt. Finanzdirektor Dr. Markus Dieth: "Die Schülerinnen und Schüler sind schon geboren, wir brauchen den Schulraum bereits morgen und nicht erst übermorgen. Diese wichtigen Bauvorhaben müssen zeitnah umgesetzt werden und können nicht auf die nächste Generation verschoben werden."

Das Problem: die Finanzierung

Die heutigen Rechtsgrundlagen stellen den Regierungsrat jedoch vor folgende Herausforderung: Weil die Schuldenbremse im Kanton Aargau – anders als bei anderen Kantonen oder Gemeinden – die Investitionen berücksichtigt, nicht aber die Abschreibungen über die Nutzungsdauer der Immobilien, sind kurz- und mittelfristig dringend notwendige Immobilien- und Erneuerungsvorhaben im kantonalen Portfolio kaum finanzierbar.

"Die finanziellen Mittel in der Investitionsrechnung müssen in den nächsten Jahren deutlich erhöht werden, um die wichtigsten Bedürfnisse abzudecken; ohne Gegensteuer wäre dies nur mit substanziellen Abstrichen in anderen Bereichen wie der Bildung oder Gesundheit möglich", so Finanzdirektor Markus Dieth.

Der Regierungsrat schlägt deshalb in seiner Botschaft an den Grossen Rat eine Lösung vor, welche grosse Immobilienvorhaben ermöglicht und Investitionsspitzen glättet. Anstelle der Investitionen werden neu die Abschreibungen der Erfolgsrechnung in der für die Schuldenbremse massgebenden Finanzierungsrechnung berücksichtigt. Die Investitionen werden – wie in den Gemeinden auch – über eine Dauer von rund 25 Jahren abgeschrieben. Eine Abtragung aus Investitionen von lediglich 5 Jahren ist definitiv nicht zielführend und nicht vernünftig. Die Belastung der Staatsrechnung als Folge der Immobilienvorhaben wird damit gleichmässig über die Nutzungsdauer von durchschnittlich 25 Jahre Zeit verteilt und der Schuldenbremse unterstellt. Die Finanzierung erfordert somit keine kurzfristig zusätzlichen Einnahmen oder Ausgabenkürzungen in anderen Bereichen.

Aufgrund der Ergebnisse aus der Anhörung soll der finanzielle Handlungsspielraum auf maximal 40 Millionen Franken pro Jahr begrenzt werden. Allfällig höhere Entlastungen werden durch einen zusätzlichen Schuldenabbau unterbunden. Ausgenommen davon sind Grundstückkäufe, die nicht abgeschrieben werden, da sie als wertstabil betrachtet werden. Weiter soll die Beschlussfassung für Immobiliengrossvorhaben mit nur einem Ausgabenreferendum respektive einer Anhörung vereinfacht werden. Der Grosse Rat kann weiterhin über die Freigabe der Ausführung entscheiden.

Schuldenbremse wird beibehalten

Der Regierungsrat hatte ursprünglich zwei gleichwertige Varianten zur Finanzierung von grossen Immobilienvorhaben in die Anhörung gegeben. Die Erweiterung der bereits bestehenden Finanzierungsgesellschaft Immobilien (Variante 1) fand in der Anhörung kaum Zustimmung und wird daher nicht weiterverfolgt. Die Variante 2 – die oben beschriebene Anpassung des massgeblichen Saldo Finanzierungsrechnung – erfuhr eine hohe Zustimmung. Dieses Finanzierungsmodell entspricht zudem weitgehend der Regelung in anderen Kantonen und bei den Gemeinden.

Finanzdirektor Markus Dieth: "Mit der neuen Finanzierungslösung wird das gesetzlich verankerte und bewährte Instrument der Schuldenbremse weitergeführt. Sie erlaubt kurzfristige Investitionsspitzen und ist mit der Entlastungsbegrenzung über die ganze Nutzungsperiode sogar restriktiver als das alte Modell. Investitionen von Gebäuden, welche über 50 Jahre bestehen bleiben, sollen wie bei den Gemeinden auch über eine vernünftige Zeit abgeschrieben werden können."

Jahrhundertvorhaben umsetzen und Eigentum vor Miete

Die vom Regierungsrat in die Anhörung gegebenen strategischen Stossrichtungen für die Entwicklung des kantonalen Immobilien-Portfolios wurden von den Parteien mehrheitlich unterstützt:

Immobilienstandorte werden optimiert und konzentriert.

Teure Mietlösungen sollen durch Immobilien im Eigentum ersetzt werden.

Mietlösungen bleiben für eine kurzfristige oder Übergangsnutzung sowie bei kleineren Flächen möglich.

Absehbarer Immobilienflächenbedarf soll mit geeigneten Grundstücken gesichert werden.

Verkauf oder Abgabe im Baurecht von Immobilien, die längerfristig vom Kanton nicht mehr benötigt werden.

Beschaffungen erfolgen mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung.

Finanzdirektor Markus Dieth: "Wir müssen als Kanton Aargau attraktiv bleiben und die demografische Entwicklung in unserer Planung berücksichtigen. Die Immobilienvorhaben, insbesondere im Bereich Schulen und Sicherheitsinfrastruktur, werden aufgrund von Kapazitätsengpässen benötigt. Mit der vom Regierungsrat vorgelegten Finanzierungsvariante ist die Erstellung zeitnah mit einer vernünftigen Abschreibungsdauer möglich."

Quelle: Kanton Aargau

30.5.2019

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