Systempresse: Albert Röstis Missgriff ins Vokabular der Nazis

Albert Rösti zog am Samstag vor den Delegierten der SVP Schweiz kräftig vom Leder. Dass der Klimawandel derzeit die Agenda von Land und Leuten bestimmt, passt dem Präsidenten der grössten Partei der Schweiz gar nicht. «Die Linksparteien, unterstützt von der grossen Medienschar, berichten seit Monaten nur noch über das Klima», klagte der Berner Nationalrat an.

In seinem Kampf gegen vorgeblich parteiische Medien bediente sich der SVP-Präsident jedoch in obskuren Arsenalen. So steht in der schriftlichen Version seiner Samstagsrede beispielsweise der Satz: «Gezielt werden in der Systempresse Ängste geschürt.» Hyperventiliert die AZ.

Albert Rösti ein Nazi?

Albert Rösti SVP-Präsident

Albert Rösti SVP-Präsident

Bild ZVG Albert Rösti

Typischer Empörungsartikel fürs Sommerloch. Keine Rösti wird so heiss gegessen, wie sie gekocht wird. Das Wort «Systempresse» als kontaminiert zu werten, nur weil der Nazi-Propagandaminister Dr. Göbbels das Wort ebenfalls verwendet hatte, ist schlicht und einfach lächerlich. Unter dieser Prämisse könnte man gleich den ganzen deutschen Wortschatz als toxisch bezeichnen. Denn der eloquente Redner Göbbels hat mit seiner Wortmacht so ziemlich jedes deutsche Wort inklusive Goethes Zitate irgendwann mal vergewaltigt, zu Papier gebracht oder in ein Mikrofon gebrüllt.

By the Way müsste dann auch das selbst von den seriösesten aller seriösen Medienprodukten verwendete Wort «Wirtschaftsführer» auf den Index gesetzt werden. Im Nazi-Speak gab es wohl kaum ein Wort, das mehr zitiert wurde als «Führer». Inklusive Wirtschaftsführer, Jugendführer, SS-Führer und weiss der Teufel was noch alles.

Man mag den SVP-Präsidenten Dr. Rösti fachlich und sachlich angreifen. Das ist in Ordnung. Aber aus Haferkäse mit der Nazi-Keule einen Skandal um ihn herum produzieren zu wollen, wirft nur einmal mehr ein eigenartiges Licht auf die «Systempresse». Pardon: Auf die mit existenziell bedrohlichem Auflageschwund kämpfende Presse, der so jedes Mittel recht ist, um Aufmerksamkeit und Klicks zu erzeugen. Denn einige leben ja inzwischen mehr von den Klicks als von der Auflage. Auch Kleinvieh macht bekannterweise Mist.

Erinnert stark an den gesuchten (aber missglückten) Shitstorm-Versuch um Ueli Maurers Einstein-Zitat von SRF zu Beginn des Jahres 2019. Wobei zu erwähnen wäre, dass SRF weder von Klicks noch Auflage lebt, sondern von Zwangsgebühren.

Und Albert Rösti – man mag ihn mögen oder nicht – ist definitiv kein Nazi. Ihn auch nur in die Nähe der braunen Pest zu bringen, deutet von journalistischer Verblödung. Oder geistiger Verödung: Man weiss es zwar, aber man fügt sich dem Druck der Schlagzeilen-Headline und dem Moralimperialismus.

Quelle: LUZART Medien

3.7.2019

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