Zerstörung der Artenvielfalt bedroht unsere Lebensgrundlagen

Bundesumweltministerin Svenja Schulze

Die Menschheit sägt an dem Ast, auf dem sie sitzt.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze

Der Weltbiodiversitätsrat hat in Paris seinen Globalen Bericht zum Zustand der Natur vorgestellt. Die Botschaft: Der Zustand der Natur verschlechtert sich dramatisch. Unzählige Arten sind vom Aussterben bedroht.

Der Weltbiodiversitätsrat hat heute in Paris seinen Globalen Bericht zum Zustand der Natur vorgestellt. Die Botschaft des Berichts ist eindeutig: Der Zustand der Natur verschlechtert sich dramatisch. Bis zu eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht, viele davon bereits in den nächsten Jahrzehnten. Wertvolle Ökosysteme sind zunehmend geschädigt, ihre wichtigen Leistungen für den Menschen in Gefahr.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: "Die Menschheit sägt an dem Ast, auf dem sie sitzt. Die Natur ist in einem immer schlechteren Zustand. Die Menschen sind dabei, ihre eigenen Lebensgrundlagen zu zerstören. Die Herausforderungen beim Artensterben sind ähnlich groß wie beim Klimawandel. Darum hoffe ich, dass der Bericht eine vergleichbare politische Dynamik auslöst. Er zeigt aber auch Auswege aus der Krise: Der wichtigste Hebel hierfür ist eine grundlegende Reform der Agrarpolitik, vor allem der EU-Agrarförderung. Daneben brauchen wir mehr und effektivere Schutzgebiete. Dem Insektensterben will ich mit einem "Aktionsprogramm Insektenschutz" entgegentreten, das wir derzeit in der Bundesregierung abstimmen."

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek: "Der Bericht des Weltbiodiversitätsrats ist ein klares Signal an die Menschheit, umzudenken und die Artenvielfalt zu schützen. Die dargelegten Trends des Artenverlustes sind zutiefst beunruhigend. Der Bericht ist ein wichtiger Meilenstein und führt uns vor Augen, dass immenser Handlungsbedarf besteht – auch in der Wissenschaft. Forschung muss die noch bestehenden Wissenslücken schließen, Lösungsmöglichkeiten aufzeigen und deren Umsetzung in die Praxis begleiten. Dazu wird die Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt meines Hauses einen erheblichen Beitrag leisten, um unsere Natur und unsere Zukunft zu sichern."

Der Bericht stellt den weltweit akzeptierten Sachstand zum Zustand der Natur dar: Vertreter aus 132 Mitgliedstaaten nahmen vom 29. April bis 4. Mai 2019 an den Beratungen des Weltbiodiversitätsrats in Paris teil. Die biologische Vielfalt und die Leistungen von Ökosystemen wie Nahrung, sauberes Wasser und Medizin sind für das Überleben der Menschheit essenziell. Dennoch verschlechtert sich ihr Zustand dramatisch: Das Artensterben ist heute mindestens Dutzende bis Hunderte Male größer als im Durchschnitt der vergangenen zehn Millionen Jahre. 75 Prozent der Landoberfläche und 66 Prozent der Meeresfläche sind stark verändert. Über 85 Prozent der Feuchtgebiete sind verloren gegangen.

Professor Josef Settele vom Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) leitete seit 2016 als Ko-Vorsitzender die Erstellung des Globalen Sachstandsberichts, an dem insgesamt 450 Expertinnen und Experten, darunter 40 aus Deutschland, beteiligt waren. Professor Josef Settele: "Die negative Entwicklung ist auf zahlreiche direkte Treiber wie beispielsweise Landnutzung, Umweltverschmutzung und Klimawandel zurückzuführen. Auch an den indirekten Treibern, also den sozialen und politischen Rahmenbedingungen, müssen wir ansetzen. Dies umfasst Maßnahmen auf allen gesellschaftlichen Ebenen, vom einzelnen Bürger und Konsumenten, über Gemeinden und Regierungen, bis hin zur Wirtschaft und internationalen Gremien und Konzernen."

Der Weltbiodiversitätsrat IPBES (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services) ist ein zwischenstaatliches Gremium zur wissenschaftlichen Politikberatung für das Thema biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen. IPBES ist vergleichbar mit seiner älteren Schwester, dem Weltklimarat IPCC für das Klima. Deutschland ist einer der größten Finanzgeber; das Sekretariat des Weltbiodiversitätsrats hat seinen Sitz in Bonn.

Das Bundesumweltministerium (BMU) und das Bundesforschungsministerium (BMBF) unterstützen die Arbeit der Wissenschaftler und die Geschäftsstelle für die Erstellung des globalen Berichts mit Fördermitteln. Darüber hinaus haben beide Ministerien 2014 gemeinsam die deutsche IPBES-Koordinierungsstelle eingerichtet.

Quelle: Weltbiodiversitätsrat IPBES

6.5.2019

IPBES Bericht 2019 – WWF Statements

Am 6. Mai 2019 veröffentlicht der Weltbiodiversitätrat IPBES seinen umfassenden Zustandsbericht über die Biodiversität. Die Bilanz ist vernichtend: Weltweite Abholzung, Zerstückelung von Ökosystemen durch Infrastruktur, Plünderung der Meere und Verschmutzung aller Gewässer mit Plastik, Pestiziden und anderen Schadstoffen führen mancherorts zum Kollaps ganzer Ökosysteme. Auch in der Schweiz ist die Biodiversität in schlechtem Zustand.

Schweizer Fliessgewässer

Lene Petersen, Projektleiterin Gewässerschutz sagt: «Die Bedeutung gesunder Bäche und Flüsse für die Biodiversität ist riesig. Doch gerade diese Lebensräume haben besonders stark gelitten. Eine umfassende WWF-Studie aus dem Jahr 2016 zeigt auf, dass nur noch rund 20 Prozent der Schweizer Fliessgewässer die Ziele der Gewässerschutzverordnung grösstenteils erfüllen. Der Anteil an bedrohten Lebensräumen und Arten in den Gewässern und Feuchtgebieten ist besonders hoch. Und der Druck auf die letzten natürlichen Fliessgewässer nimmt weiter zu. Besserer Schutz und Aufwertung sind dringend notwendig.»

Terrestrische Biodiversität

Thomas Wirth, Projektleiter Biodiversität sagt zum Zustand der terrestrischen Biodiversität: «Global nimmt die Biodiversität ab und die Aussterberisiken vieler Arten zu. In dieser unrühmlichen Entwicklung nimmt die Schweiz einen Spitzenplatz ein. Ohne rasche Veränderungen werden heute selbstverständliche Leistungen der Ökosysteme (Trinkwasserfilterung, Schutz vor Naturgefahren, etc.) in der Zukunft immer weniger von der Natur erbracht werden können.» Und fügt an: «Überhöhte Stickstoffeinträge, Pflanzenschutzmittel und andere Gifte, eine verfehlte Siedlungsentwicklung und Verkehrspolitik bringt immer mehr Arten an den Rand des Aussterbens und der Klimawandel wirkt immer mehr als Verstärker dieser negativen Entwicklung. Eine Umkehr ist möglich, aber dafür müssen wir heute handeln.»

Internationale Politik

Giulietta Duyck, internationale Politikexpertin warnt: «Der Bericht ist ein Weckruf an die internationale Staatengemeinschaft, sich für ein ambitioniertes und griffiges globales Abkommen am Biodiversitätsgipfel in China 2020 einzusetzen. Auch die Schweiz muss ihre Verantwortung wahrnehmen, die Verhandlungen bis China proaktiv mitgestalten und sich an ministeriellen Treffen im Vorfeld für grössere Schutzgebiete einsetzen. Denn unser Konsum hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Wälder im Amazonas, die weltweiten Fischbestände und das Überleben der Korallenriffe überhaupt.»

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