Hohe Budgetdisziplin im Aargau verhindert Nachtragskredite

Der Regierungsrat unterbreitet dem Grossen Rat ein Budget mit einem Überschuss fürs 2020 sowie mit ausgeglichenen Planjahren. Damit kann mit dem AFP 2020–2023 erstmals wieder ein – wenn auch begrenzter – Handlungsspielraum ausgewiesen werden. Dies dank der konsequenten Umsetzung der Reformvorhaben im Rahmen der Gesamtsicht Haushaltsanierung sowie einer weiterhin hohen Ausgabendisziplin und steigenden Erträgen bei den Steuern und beim Nationalen Finanzausgleich. Der AFP 2020–2023 enthält im Gegensatz zum vorjährigen AFP keine Entnahmen aus der Ausgleichsreserve.

"Wir sind mit dem vorliegenden AFP 2020–2023 dem Ziel der nachhaltigen Haushaltsanierung einen bedeutenden Schritt nähergekommen," so Finanzdirektor Dr. Markus Dieth. Dieses erfreuliche Zwischenergebnis stellt jedoch nur eine Momentaufnahme dar. Die Konjunkturlage ist fragil und es stehen sowohl auf Bundesebene wie auch im Kanton politische Forderungen im Raum, die mit hohen Mehrausgaben oder Mindereinnahmen verbunden wären. "Dies kann rasch zu einem erneuten Anstieg der Finanzierungslücke führen. Der dafür nötige finanzielle Handlungsspielraum ist zurzeit noch nicht vorhanden. Für eine nachhaltige Sanierung der Kantonsfinanzen muss daher der eingeschlagene Weg konsequent weiterverfolgt werden", warnt Dieth.

Reformvorhaben auf Kurs

Die Berichterstattung über die Reformvorhaben zeigt, dass diese mehrheitlich auf Kurs sind. Mit einer Entlastungswirkung von langfristig durchschnittlich rund 100 Millionen Franken wird die Zielvorgabe des Regierungsrats erreicht. Die noch laufenden Reformvorhaben sind im AFP 2020–2023 in den zuständigen Aufgabenbereichen als Entwicklungsschwerpunkte enthalten und finanziell abgebildet. Damit sie ihre geplante finanzielle Entlastungswirkung nachhaltig erbringen können, müssen sie nun konsequent umgesetzt werden.

Eckwerte AFP 2020-2023

Der Aufgaben- und Finanzplan 2020–2023 weist folgende Eckwerte auf:

Im Budget 2020 wird ein Überschuss von 45 Millionen Franken erwartet. Die Planjahre 2021–2023 sind ausgeglichen mit einem leichten Überschuss im Jahr 2021 und geringen Fehlbeträgen in den Jahren 2022 und 2023. Sowohl im Budget als auch in den Planjahren noch nicht berücksichtigt ist die vom Grossen Rat geforderte Anpassung des Pauschalabzugs für Versicherungsprämien und Sparkapitalzinsen an die angestiegenen Krankenkassenprämien. Je nach Beschluss des Grossen Rats im Rahmen der 2. Lesung des Steuergesetzes im Herbst 2019 sind damit Mindereinnahmen von jährlich wiederkehrend rund 50 Millionen Franken verbunden. Der für 2020 budgetierte Überschuss von 45 Millionen würde damit hinfällig.

Aufgrund des Reformvorhabens Immobilien ist ab 2021 die geplante Anpassung des massgeblichen Saldos der Finanzierungsrechnung berücksichtigt. Sollte dieses Reformvorhaben nicht wie geplant umgesetzt werden, resultieren in den Planjahren erneut massive Defizite.

Die aktuelle Konjunkturentwicklung geht von einem moderaten Wachstum der Aargauer und der Schweizer Wirtschaft aus. Während weiterhin eine stabile Binnenwirtschaft erwartet wird, halten die Unsicherheiten in der Aussenwirtschaft an. Im Jahr 2019 wird mit 1,3 Prozent ein schwächeres reales BIP-Wachstum als in den Vorjahren erwartet. Im Jahr 2020 wird mit einem realen BIP-Wachstum von 1,7 Prozent, ab 2021 mit 1,8 Prozent gerechnet. Die Teuerung wird für 2020 bei 0,7 Prozent erwartet, mit steigender Tendenz in den Planjahren. Diese Prognose basiert auf dem Stand Juni 2019. Aufgrund der neuesten Entwicklung ist mit einer tendenziell abschwächenden Konjunkturentwicklung zu rechnen. Davon dürfte die Exportwirtschaft besonders betroffen sein, vor allem auch aufgrund der jüngsten Frankenaufwertung. Die vorliegenden Prognosen sind daher mit Vorsicht zu geniessen. Bis zur Beratung der AFP-Vorlage im Grossen Rat im November 2019 können sich die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen entsprechend verändern.

Der Ressourcenindex des nationalen Finanzausgleichs sinkt im Jahr 2020 auf 82,2 Prozent (Basis 2014–2016). Der Index ist seit 2015 kontinuierlich gesunken, worin sich die unterdurchschnittliche wirtschaftliche Entwicklung des Kantons in den vergangenen Jahren zeigt. Der Ressourcenindex des Kantons Aargau dürfte kurzfristig weiter sinken, dies aufgrund der ertragsschwachen Bemessungsjahre. Im Budgetjahr 2020 wird der Kanton Aargau Beiträge aus dem Ressourcenausgleich in der Höhe von 467,1 Millionen Franken erhalten, rund 59 Millionen mehr als im Vorjahr.

Für das Budgetjahr sowie für die Planjahre wird jeweils eine Lohnerhöhung von 1 Prozent beantragt. Diese Lohnentwicklung ist aus Sicht des Regierungsrats aus verschiedenen Gründen angezeigt: Nach Jahren rückläufiger Konsumentenpreise steigen diese seit 2017 wieder an. Für 2020 wird eine positive Teuerung von 0,7 Prozent und ab 2021 von 0,9 Prozent erwartet. Die Umfrage bei den Nachbarkantonen und beim Bund zeigt, dass deren budgetierte Lohnentwicklung 2020 im Durchschnitt +1,1 Prozent beträgt und der Lohnrückstand gegenüber den Nachbarkantonen Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Bern, Luzern, Solothurn, Zug und Zürich im Durchschnitt -3,5 Prozent beträgt.

Für die Kantonssteuern der natürlichen Personen wird eine weiterhin moderate Entwicklung der nominellen Durchschnittslöhne erwartet. Zudem wird der Jahresabschluss 2018 als Basiseffekt weitergeführt, was im Vergleich zum Budget 2019 zu zusätzlichen 85 Millionen Franken (+4,7 Prozent) führen dürfte. Bei den juristischen Personen geht die Steuerprognose von einem leichten Gewinnwachstum aus.

Aufgrund der Entwicklung des Bestands der Spezialfinanzierung des Finanzausgleichs zwischen den Aargauer Gemeinden ist ab dem Jahr 2021 ein Steuerzuschlag von 1 Prozent bei den natürlichen Personen eingeplant. Bei Beibehaltung der gegenwärtigen Steuerzuschläge fiele der Fondsbestand im Jahr 2021 unter die in § 22 des Finanzausgleichsgesetzes definierte Zielbandbreite. Im Gegenzug wird der ordentliche Kantonssteuerfuss von 94 auf 93 Prozent gesenkt, sodass die Steuerbelastung für natürliche Personen konstant bleibt. Bei den juristischen Personen führt diese Reduktion des Steuerfusses ab 2021 zu einer geringen Entlastung.

Der bereinigte Aufwand steigt im Budget 2020 gegenüber dem Vorjahr um 3,4 Prozent. Damit liegt die Aufwandsteigerung im Budgetjahr über dem nominalen BIP-Wachstum (+2,4 Prozent). Einen gewichtigen Beitrag zum Aufwandwachstum tragen die Investitionen in die Strassen- und öV-Infrastruktur bei. Diese werden aber zum grössten Teil über die Spezialfinanzierungen finanziert. Insgesamt steigt der Investitionsaufwand um 23,1 Prozent. Betragsmässig am stärksten wächst der Transferaufwand (+2,6 Prozent), insbesondere im Gesundheitswesen (Spitalfinanzierung, Prämienverbilligung) und im Sozialbereich (Ergänzungsleistungen, Sozialhilfe).

Mit dem Budget 2020 werden die drei finanzpolitisch wichtigsten Schuldengrössen weiter abgebaut. Die neuen und bisherigen Fehlbeträge der Finanzierungsrechnung werden per Ende 2020 auf unter 200 Millionen Franken gesenkt. Die Schuld der Spezialfinanzierung Sonderlasten wird um 34 Millionen Franken abgetragen, der Bestand fällt dank des hohen Schuldenabbaus in der Jahresrechnung 2018 per Ende 2020 auf unter 600 Millionen Franken. Insgesamt ist im Budget 2020 ein Schuldenabbau in der Höhe von 74 Millionen Franken enthalten. Im AFP 2020–2023 ist über alle Jahre ein Schuldenabbau von total 234 Millionen Franken eingeplant.

Strategische Schwerpunkte des Regierungsrats

Die fortschreitende Digitalisierung hält auch in der Verwaltung des Kantons Aargau Einzug. Der Regierungsrat will die damit einhergehenden Chancen und Herausforderungen aktiv nutzen und steuern. Mit der Umsetzung der Dachstrategie SmartAargau schafft der Regierungsrat die Voraussetzungen, die Dienstleistungen für Bevölkerung und der Wirtschaft zukunftsgerichtet zu gestalten. Zudem führt der eingeleitete Transformationsprozess zu einer Modernisierung der Verwaltung sowie zu Prozessoptimierungen und gezielten Effizienzsteigerungen. Ebenfalls im Rahmen des Programms SmartAargau wird eine neue Personalstrategie erarbeitet, welche die neuen Entwicklungen im Bereich Human Resources berücksichtigen und entsprechend aufnehmen wird.

Gleichzeitig will der Regierungsrat die Standortattraktivität des Kantons Aargau gezielt verbessern. Wesentliche Elemente hierzu sind das Programm Hightech Aargau, der Innovationspark PARK innovAARE in Villigen, das vom Paul Scherrer Institut (PSI) zusammen mit der Fachhochschule Nordwestschweiz sowie Forschungs- und Industriepartnern geplante Technologie-Transferzentrum ANAXAM, die langfristige räumliche Entwicklung der Aargauer Mittelschulen sowie der Bau der Limmattalbahn.

Eine vorausschauende Politik betreibt der Regierungsrat auch im Bildungs-, Sicherheits- und Sozialbereich. So werden beispielsweise die Anstrengungen in der Bekämpfung von Cyberkriminalität und Menschenhandel intensiviert. Zudem werden im Rahmen des Projekts "ARCUS" das bisherige Lohnsystem für die Lehrpersonen sowie die Schulleitungen Volksschule abgelöst sowie im Projekt "HaB-AS" die im System der bedarfsabhängigen Sozialleistungen teilweise vorhandenen Schwelleneffekte abgebaut und die Anreizwirkungen zur Erwerbsaufnahme optimiert.

Keine weiteren Nachtragskredite 2019 dank hoher Budgetdisziplin

Neben dem AFP 2020–2023 und dem Zwischenbericht Gesamtsicht Haushaltsanierung unterbreitet der Regierungsrat dem Grossen Rat auch die Botschaft Sammelvorlage für Verpflichtungskredite und Nachtragskredite 2019, II. Teil. Er beantragt drei neue Verpflichtungskredite und einen Zusatzkredit sowie zwei Nachtragskredite mit Kompensation, ohne Auswirkungen auf das Budget 2019. Mit separater Vorlage hat der Grosse Rat bereits einen Nachtragskredit für die Prämienverbilligung von 10,2 Millionen Franken beschlossen; weitere saldowirksame Nachtragskredite werden keine beantragt.

Quelle: Kanton Aargau

24.8.2019

Strategische Lagebeurteilung

"Mit dem AFP 2020–2023 kann die Finanzierungsrechnung ohne Entnahmen aus der Ausgleichsreserve ausgeglichen werden. In einem nächsten Schritt geht es nun darum zu prüfen, ob der Haushaltsausgleich nachhaltig, das heisst über die Planungsperiode hinaus, erreicht werden kann", so Finanzdirektor Markus Dieth.

Hierzu soll im Frühjahr 2020 die 10-jährige Finanzperspektive vorzeitig aktualisiert werden. Auf der Grundlage einer aktuellen Langfristperspektive wird der Regierungsrat im Frühjahr 2020 eine strategische und finanzpolitische Lagebeurteilung vornehmen. Falls bis ins Jahr 2029 keine wesentliche Finanzierungslücke resultiert, sollen die Haushaltsanierung abgeschlossen und mögliche kleinere Defizite im Rahmen des ordentlichen Budgetprozesses bereinigt werden. Sollte sich jedoch ein erneuter Handlungsbedarf zeigen, müsste die Haushaltsanierung, womöglich mit neuen Massnahmen und Reformvorhaben, neu aufgesetzt werden.

Bezüglich Konjunkturaussichten bestehen erhebliche Unsicherheiten. Sollte sich der Schweizer Franken noch weiter aufwerten, dürfte dies für das Wirtschaftswachstum des Kantons Aargau zur Belastung werden, was sich negativ auf die Steuererträge auswirken würde (Vergleich Jahr 2016).

Die Bevölkerung des Kantons Aargau wächst nach wie vor überdurchschnittlich. Dieses Mengenwachstum kann nicht in allen Aufgabenbereichen durch Effizienzsteigerungen und Digitalisierungen kompensiert werden. Besonders relevant für den Finanzhaushalt ist zudem das Wachstum der über 65-Jährigen und der Zahl der Schülerinnen und Schüler.

Finanzielle Risiken und Herausforderungen

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie auch politische Entscheide auf Bundes- oder Kantonsebene können die verbesserte Finanzlage rasch wieder verändern. Aus heutiger Sicht bestehen folgende Risiken oder Herausforderungen:

Im Rahmen der Beratung der Steuergesetzrevision wurde in der ersten Beratung ein Prüfungsauftrag gutgeheissen, wonach ein Vorschlag zu unterbreiten ist, wie der im Steuergesetz festgesetzte Pauschalabzug für Versicherungsprämien und Sparkapitalzinsen an die angestiegenen Krankenkassenprämien angepasst werden kann. Der Regierungsrat wird dem Grossen Rat im Herbst 2019 die Botschaft zur 2. Beratung unterbreiten und darin genauere Aussagen zu den finanziellen Auswirkungen dieses Prüfungsauftrags machen können. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass bei einer Erhöhung des Pauschalabzugs auf das Niveau des Bundes mit Mindereinnahmen von rund 50 Millionen Franken beim Kanton gerechnet werden müsste.

Ein allfälliger Systemwechsel bei der Besteuerung von Wohneigentum zum Beispiel, eine Erhöhung des Pauschalabzugs für Versicherungsprämien sowie das Bundesgesetz über die Beseitigung der Heiratsstrafe können je nach Umsetzungsvariante zu hohen Steuerausfällen und damit Mindereinnahmen führen.

Die zukünftigen Finanzausgleichzahlungen aus dem nationalen Finanzausgleich sind sehr schwer prognostizierbar. Wenn es gelingt, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Kantons zu erhöhen, muss im Gegenzug mit tieferen Bundeszahlungen gerechnet werden.

Ab dem Jahr 2024 fällt der Ertrag aus der Reserve der Übertragung der Spitalimmobilien von jährlich rund 34 Millionen Franken weg. Gemäss § 14b des Spitalgesetzes (SpiG) wurde der einmalige Aufwertungsgewinn aus der Übertragung der Spitalimmobilien der Staatsrechnung über eine Periode von 12 Jahren (2012–2023) in gleichbleibenden Raten gutgeschrieben.

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